"Hallo, was machst Du denn so?"
Auf diese einfache Frage erwartet der Gesprächspartner in der Regel keine Aufzählung von Hobbies, keinen Bericht über das Engagement in diversen Vereinen oder über die Zeit mit der Familie. Erwartet wird vielmehr eine Beschreibung der Erwerbstätigkeit, also der Arbeit, mit der der Lebensunterhalt verdient wird.
Das illustriert gut, wie wichtig Arbeit heute geworden ist, nicht nur für das materielle Auskommen. Auch der soziale Status, Selbstverwirklichung und gesellschaftliche Anerkennung sind sehr eng mit der beruflichen Existenz verknüpft. Arbeitslosigkeit ist deshalb eine so existentielle Bedrohung, weil damit nicht nur das Einkommen sinkt, sondern weil die Betroffenen auch viele soziale Kontakte und Anerkennung im Beruf verlieren.
Erwerbsarbeit trennt heute diejenigen, die gesellschaftlich dazu gehören von den Ausgeschlossenen, denen gesellschaftliche Anerkennung verwehrt bleibt.
Diese Ungleichheit setzt sich aber auch innerhalb der "arbeitenden Bevölkerung" fort. So wertvoll Arbeit heute in unserer Gesellschaft ist, so auffällig ist die Ungerechtigkeit, mit der verschiedene Tätigkeiten bezahlt und beurteilt werden. Die Arbeit im Bereich der sozialen Dienstleistungen, etwa in Schulen oder Kindergärten, ist deutlich unterbezahlt und hat trotz einer hohen gesellschaftlichen Bedeutung häufig nur einen geringen gesellschaftlichen Status.
Warum sollten Dienste an der Gesellschaft so viel weniger wert sein als die von Managern, die vorrangig den Vorteil eines Unternehmens im Blick haben?
Die Ungerechtigkeit bei der Entlohnung setzt sich auf globaler Ebene fort. Wir leben in einem nie dagewesenen Wohlstand und klammern dabei gerne aus, dass unser
Konsumniveau auf der billigen Arbeit beruht, mit der in Entwicklungsländern unsere Konsumprodukte hergestellt werden.
Den Preis für billige Kleidung, billige Smartphones, billigen Kaffee, Tee oder Tropenfrüchte, für Laptops und elektronische Geräte, die jährlich weniger kosten, zahlen eben nicht wir, sondern diejenigen, die zu sehr niedrigen Preisen Rohstoffe produzieren.