Ernsthaft, aber nicht direkt in aller Offenheit – so führt er aus seiner langen Erfahrung heraus dann die ersten Gespräche mit den betroffenen Patienten. Seine Worte sollen zu diesem Zeitpunkt keine Endgültigkeit vermitteln, sondern deutlich machen, dass dies der Beginn eines gemeinsamen Prozesses ist, dessen Ausgang noch nicht abschließend feststeht. Es sind noch wichtige Schritte bis zur Klärung der abschließenden Diagnose gemeinsam zu gehen.
"Ich plane solche wichtigen Gespräche ganz bewusst nicht an einem Freitag ein, da ich aus der Erfahrung weiß, dass die drängenden Fragen der Patienten häufig erst nach ein, zwei Tagen aufkommen und am Wochen-ende im Krankenhaus nur ein eingeschränkter Betrieb stattfindet. Ich möchte dem Patienten signalisieren, dass ich zur Beantwortung aufkommender Fragen oder einem allgemeinen Gesprächsbedarf auch zur Verfügung stehe."
Bestätigt sich im Laufe der folgenden Zeit die Diagnose, dann kommt der Zeitpunkt wo dies auch ausgesprochen werden muss. Manchmal begegnen ihm dann Patienten mit großer Traurigkeit, und es entstehen Momente und Situationen ohne Worte. "Ich lasse dieses Innehalten und Schweigen zu und zeige, dass ich in der Situation einfach da bin. Das ist nicht immer einfach, aber für die Patienten nach meiner Erfahrung besonders wichtig. Ich sehe mich in solchen Situationen immer als der aktiv Handelnde. Auch wenn ich selber schweige, bin ich nicht ohne Worte. Die Professionalität gibt mir die Möglichkeit, im Sinne des Patienten zu agieren und ein konkretes Signal für ein Gesprächsangebot zu geben."
Es ist ihm wichtig zu vermitteln, dass mit der Diagnose nicht die letzten Worte zwischen Arzt und Patient gesprochen sind, dass es nicht den einen Weg für die Zukunft gibt. Die nachfolgenden Gespräche sollen die Möglichkeiten ausloten und eine Perspektive für die kommende Zeit entwickeln. In dieser Phase kann er immer auf verschiedene professionelle Ansprechpartner – unter anderem Schmerztherapeuten und Psycho-onkologen – im Krankenhaus zurückgreifen. "Ich bin nicht mehr der alleinige Ansprechpartner für den Patienten und dessen Angehörige. Worte von anderen Menschen helfen allen Betroffenen, die Diagnose zu verstehen und damit umzugehen. Und meine Verant-Wortung wird geteilt. Das ist für mich eine große Hilfe."
Es gibt Situationen, in denen sich für ihn eher das Gefühl von Sprachlosigkeit oder fehlenden Worten einstellt. Das entsteht durch Angehörige, die auf maximalen Therapiewünschen bestehen bei Patienten, für die aus ärztlicher Sicht keine sinnvolle Therapie mehr möglich ist und nur eine Verlängerung des Leidens damit erreicht würde. Hier wäre aus seiner Sicht zum Beispiel eine palliative Versorgung ein sinnvollerer Weg.
"Ich komme hierbei häufig an einen Punkt, der mit 'was soll ich dazu noch sagen' zu beschreiben ist. Eine Art menschlicher Sprachlosigkeit. Meine sonst so wichtige aktive Rolle, im Reden mit meinem Gegenüber einen Prozess anzustoßen und gemeinsam eine gute Lösung zu suchen, weicht einer rein passiven bzw. reaktiven Rolle. Der Handlungsspielraum beschränkt sich dann entweder auf eine klare Ablehnung medizin-ethisch nicht zu vertretender Maßnahmen oder eben auf die Umsetzung der geforderten Maßnahmen. Das ist kein menschlich geführter Prozess, sondern Handeln nach medizin-juristischen formalen Kriterien. Das hat mich in meinen Anfangsjahren immer lange beschäftigt. Heute hake ich das einfach ab."
Die Frage ob die im Berufsalltag gesprochenen Worte und Situationen persönlich nachwirken und der Bedarf besteht, sich darüber auszutauschen, antwortet Peter Loeff überraschend klar: "Ich kann gut meine beruflichen und privaten Dinge trennen und gedanklich abschalten. Wenn ich das Krankenhaus verlasse, bleiben alle gesprochenen Worte dort."