Wie hat er sich dein Onkel zurechtgefunden mit dem neuen Wohnen im Altenheim?
Er hat sich dort gut eingelebt, hat die Angebote des Hauses genutzt. Aber er wollte keine Besuche haben von Menschen, die nicht zum engen Familienkreis gehören. Ich habe ihn jede Woche einmal besucht. Er ist dann bald krank geworden – eine Krebserkrankung. Er hat sich entschieden, das nicht weiter untersuchen oder gar behandeln zu lassen. Er hat aufgehört zu essen, und wenige Tage vor seinem Tod hat er sich sehr zurückgezogen, lehnte jede Berührung ab, die ihm vorher wichtig war, so als ob er sich auf seinen Abschied vorbereiten wollte.
Hast du jetzt noch Kontakt zu dem Haus des Onkels?
Nein, es ist verkauft, und neue Leute wohnen dort. Mein Onkel hätte sehr gern gehabt, dass wir dorthin gezogen wären, aber wir wollen in der Südstadt bleiben. Wenn ich mit der Straßenbahn dort vorbeifahre, könnte ich das Haus sehen, gucke aber bewusst nicht hin, es fällt mir zu schwer. Auch die Fotos und Filme, die ich vom Haus gemacht habe, als meinen persönlichen Abschied (nach fast 40 Jahren Erinnerung) sind noch ungesehen. Zunächst muss die Trauer bewältigt sein, bevor ich mich der Erinnerung stellen kann.