Ist Freundschaft im Ordensleben möglich, sind freundschaftliche Bindungen erschwerend oder stärkend in einer größeren klösterlichen Gemeinschaft? Die 94jährige Sr. Corda, langjährige Leiterin der Liebfrauenschule in Köln-Lindenthal spricht mit Ingrid Rasch von der Pfarrbriefredaktion über Erfahrungen aus ihrem langen Ordensleben.
"Ein erfülltes Leben geht nicht ohne Hinwendung zum anderen" – so der erste Satz in unserm Gespräch, bestimmt und eindeutig formuliert. Das Alter sieht man der Ordensfrau nicht an, und die sprühende Lebendigkeit ihres Denkens und Sprechens lässt es ohnehin vergessen.
Als sie 1948 in die Ordensgemeinschaft der 'Schwestern Unserer Lieben Frau' eintrat, stand das 'Verzicht-Üben' im Vordergrund. Dadurch gerieten auch die drei Ordensgelübde – Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam – vorrangig unter den Gesichtspunkt des Verzichts und nicht des 'Freiwerdens für' – wie es in dem Lied heißt: 'Die Sache Jesu braucht Begeisterte ...'
Die Bedeutung freundschaftlicher Beziehungen zu Mitschwestern oder zu Menschen außerhalb des Ordens hat sich in den langen Jahren ihres Ordenslebens grundlegend gewandelt, konstatiert Sr. Corda. Sie hat die Zeit miterlebt, wo Freundschaften oder persönlich geprägte Beziehungen zwischen Ordensfrauen noch suspekt waren. Stattdessen ging es eher um Uniformität. Diese Uniformität und Sprechen in der Wir-Form trieben zuweilen seltsame Blüten, wenn z.B. 'unser Hals schmerzte' oder 'unser Taschentuch verloren ging'. Selbst kleine freundliche oder eben freundschaftliche Gesten, etwa wenn man sich beim Wandern unterhaken, also Arm in Arm gehen wollte, seien früher suspekt gewesen und wurden als sog. Partikularfreundschaft beurteilt, sie wurden leicht in die Nähe sexueller Zuneigung gerückt.
Dass sich diese Einstellung verändert hat, zeigt sich in einer 1966 neu gefassten Ordensregel: "Da ist vom Schatz echter Freundschaft die Rede, von Vertrauen, von gegenseitiger Wertschätzung", konstatiert Sr. Corda, und wo das gelebt wird und zugleich der Gottesbezug lebendig ist, da bereichert freundschaftliche Beziehung das Leben, davon ist sie überzeugt. Das hat sie selbst immer wieder in freundschaftlichen Verbindungen erfahren. Gemeinsame Interessen zu teilen – etwa an Musik und Kunst – das kann eigene kreative Kräftefreisetzen, findet sie und nicht zuletzt: "In gegenseitigem Vertrauen einander auch Schwächen zeigen zu können, das macht eigentlich stark."