Beratung = Zuversicht?

Kann Menschen in Institutionen wie der Telefonseelsorge oder der Familienberatung Zuversicht vermittelt werden und wenn ja, wie geschieht das?
Claudia Pabich sprach darüber mit Annelie Bracke, der Leiterin der katholischen Telefonseelsorge, und Josef Zimmermann, dem Leiter der katholischen Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in der Kölner Südstadt.

┬® Kath. Telefonseelsorge Koeln1601 (c) Kath. Telefonseelsorge Köln

"Alles wird gut" – dieser Satz nützt Menschen, die in verzweifelten Situationen oder bei lebensbedrohlichen Krankheiten bei der Telefonseelsorge anrufen, nichts. Wenn Annelie Bracke mit Menschen in Krisensituationen am Telefon spricht, geht es ihr zunächst einmal nur darum zuzuhören, die angesprochenen Probleme ernstzunehmen und den Menschen am Telefon zu respektieren. Es darf nichts schön geredet werden; das ist ihre Grundhaltung. Erst dann können sich Anrufende wirklich öffnen. Patentrezepte gibt es nicht bei der Telefonseelsorge. Aber es gibt hilfreiche Fragen.

Aus der Frage 'Wie halten Sie das aus?' ergeben sich manchmal neue Perspektiven. Die Frage lenkt den Blick auf wertvolle Ressourcen, die irgendwo in den Menschen noch schlummern können. Die Frage 'Wie haben Sie es bisher geschafft, von Tag zu Tag weiterzuleben?‘ eröffnet oft ein kleines Fenster der Zuversicht. Oder es wird deutlich, dass die Anruferin, der Anrufer noch ein kleines bisschen Gottvertrauen besitzt, das im Gespräch dann lebendig wird. Bei schmerzhaften Lebensereignissen hilft bisweilen die Frage 'Wie haben Sie es geschafft, frühere Krisen irgendwann zu bewältigen?'

Es melden sich auch viele einsame Menschen bei der Telefonseelsorge. "Einsamkeit entsteht, wenn wir uns taub und unbeachtet fühlen. Um uns spüren zu können und angenommen zu fühlen, brauchen wir andere Menschen", stellt Bracke fest. Der Soziologe Hartmut Rosa spricht in diesem Zusammenhang von 'Resonanz'. Abschließend stellt die erfahrene Telefonseelsorgerin fest: "Für verzweifelte Menschen ist es schon eine Leistung, den Hörer in die Hand zu nehmen und uns anzurufen. Und dem zollen wir Respekt."

Katholische Telefonseelsorge
Telefon: 0800 / 1110222

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"Das ist doch nicht so schlimm" – diesen Satz verwendet Josef Zimmermann nie, wenn Eltern, Jugendliche oder Kinder zu einem Beratungsgespräch kommen. Es gilt, zunächst einfach nur zuzuhören, zu signalisieren, dass man die Probleme der Besucher ernstnimmt. Ihnen wird vermittelt: 'Es gibt Grund zu klagen. Deine Wahrnehmung ist richtig.' Oft folgt dann die Frage: 'Wann war es in den letzten Wochen besser? Was hast Du dafür getan, wie ist Dir das gelungen?' Und mit dem Nachdenken darüber kann Zuversicht entstehen.

"Zuversicht", sagt Zimmermann, "gibt es oft nur in Momenten. In der augenblicklichen Situation in der Welt oder gar in einer problematischen Familiensituation sind die wenigsten ständig zuversichtlich."

Bei der Familienberatung wird nicht das Ziel verfolgt, Familien 'umzukrempeln'. Auch werden hier keine konkreten Handlungsrezepte erteilt. Die Menschen erfahren vielmehr, dass es wichtig ist, Schritte zu tun, die sie selbst für sich als richtig empfinden – etwa: 'Wie werde ich widerstandsfähiger gegen meine Frustration? Wie kann ich meinen Werten treu bleiben?'

Zimmermann bringt ein Beispiel: Die Stimmung in der Familie ist mies. Schon Kleinigkeiten lösen einen Streit aus. Da nimmt ein Vater oder eine Mutter sich vor: 'Ich bin heute freundlich, egal was kommt. Ich werde für die Familie ein gutes Essen zubereiten. Weil mir das gerade wichtig ist. Und ich mache das nicht, um Dank zu erfahren, sondern weil es mir sinnvoll erscheint.'

Und er nennt eine persönliche Erfahrung, die ihm die Bedeutung und Wirksamkeit scheinbar kleiner Schritte aufzeigte: Kürzlich sah Zimmermann einen Mann, der in einem verdreckten Park Müll einsammelte, offensichtlich ohne dafür bezahlt zu werden. Sein erster Gedanke war: 'Das bringt so gut wie nichts.' Aber dann wurde ihm klar: 'Es ist nicht nichts.'   

Katholische Beratungsstelle für
Eltern, Kinder & Jugendliche
Arnold-von-Siegen-Str. 5, 50678 Köln
Telefon: 0221 / 6060854-0