"Der Puppenspieler kommt" – die Kinderaugen leuchteten jedes Mal nach dieser Ankündigung in der Kindertagesstätte St. Josefshaus. Marianne Ricking hat die Einrichtung viele Jahre lang geleitet und kennt Andreas Blaschke schon seit 1989. Da lag es nahe, mit ihm zu sprechen über die Zuversicht, die ihn trägt und die er vermittelt.
Marianne Ricking: Ich habe dich oft erlebt mit deinem Spiel, und immer hast du die Kinder und auch die Erwachsenen in deinen Bann gezogen. Kann man sagen, dass dein Beruf für dich auch eine Berufung ist?
Andreas Blaschke: Ja, das kann man so sagen – ich kann mir nichts anderes vorstellen für mein Leben, ich bin mit Leib und Seele Puppenspieler. Es ist meine Leidenschaft.
Wann hast du damit angefangen, und hast du Unterstützung für die Wahl dieses doch ungewöhnlichen Berufes bekommen?
Ich war noch sehr jung – mit 16 war mir mein Weg klar, aber für meine Familie war das ein undenkbarer Weg. Puppenspieler treten auf der Kirmes auf, sie sammeln Geld ein und vertrinken es anschließend – so war die Meinung. Und da brauchte ich schon zu Beginn sehr viel Zuversicht, um meinen Weg zu gehen. Es ist ja keine Arbeit, in der man von neun bis fünf Uhr tätig ist, sondern es ist eine permanente Herausforderung, neue Stücke zu erarbeiten, sich immer wieder auf neue Menschen einzustellen. Und mit der materiellen Unsicherheit des Selbstständigen zu leben.
Ich habe noch in Erinnerung, dass du ganz zu Anfang mit dem Linienbus angereist bist mit der Bühne, den Requisiten und den Puppen im Gepäck.
Ja, der Start war nicht einfach, aber wir sprechen ja über Zuversicht, und die hat mich von Anfang an getragen – es ist meine Lebensgrundlage. Das hat mich auch durch die sehr schwierige Zeit des Lockdowns getragen, wenngleich Corona an meiner Zuversicht gesägt hat. Ich konnte und durfte nicht auftreten, bekam die Empfehlung, meine Puppen und Requisiten zu verkaufen – undenkbar für mich! Ich hätte bei Rewe Regale einräumen können, um Geld zu verdienen, aber damit hätte ich mich und meine "Berufung" aufgegeben, zudem wäre ich aus der Künstler-Sozialkasse geflogen, und das wollte ich nicht riskieren.
Du bist heute ein anerkannter Puppenspieler, hast einen Preis gewonnen, den Hohnsteiner Kasper-Wettbewerb 2021. Du gehörst dem internationalen Puppenspielerverband an, trittst in vielen Ländern auf. Kaspertheater als Spielprinzip ist immaterielles Kulturerbe. Wer deine Homepage anschaut, sieht ein außerordentlich großes Repertoire von Stücken, vor allem für Kinder, aber auch für Erwachsene.
Wir haben bisher über deine eigene Zuversicht gesprochen. Spielt die Vermittlung von Zuversicht auch in deinem Spiel eine Rolle?
Sie spielt eine sehr große Rolle – die Geschichten für Kinder zeigen in ganz vielfältigen Facetten immer wieder auf, wie es gelingt, sich gegen Widerstände, Gefahren und Widrigkeiten zu behaupten und sich durchzusetzen. Da stärke ich mit meinem Spiel die Kinderseele und vermittle mit der Botschaft „du schaffst das“ immer wieder Zuversicht.
Und wie ist das mit den Erwachsenen? Die begleiten die Kinder bei deinen Aufführungen, aber du spielst ja auch Stücke, die sich ausschließlich an Erwachsene richten.
Für mich sind die Erwachsenen, besonders in den Stücken, die an sie gerichtet sind, ebenso wichtig wie die Kinder. Nur dann, wenn ich authentisch bin, kann ich die Menschen erreichen. Auch wenn ich sie nicht sehe und sie auch nicht wie die Kinder durch Zurufe reagieren, spüre ich doch sehr genau die Atmosphäre, ob der Funke überspringt.
Die weltpolitische Lage ist gerade jetzt bedrückend – kannst du dir trotz allem deine zuversichtliche Haltung bewahren?
Ja, gerade in dieser angespannten und bedrohlichen Situation ist es wichtig, dem etwas entgegenzusetzen und den Menschen Mut und Zuversicht zu vermitteln – und das nicht nur im Puppenspiel. So hat sich zum Beispiel der weltweite Verband der Puppenspieler intensiv eingesetzt für die Künstler in der Ukraine.
Das ist noch einmal ein ganz anderer und weitreichender Aspekt von Zuversicht, den du benennst. Die Resonanz der Kinder und Erwachsenen, die ich selbst so oft erlebt habe bei deinem Spiel, gibt immer wieder neu die Bestätigung, dass du genau den für dich richtigen Weg gegangen bist.