2983 (c) SilviaBins

"Ich bin süchtig nach Bildern!"

Ruhig und entspannt bewegt sich Silvia Bins durch die Kirche, die Kamera in der Hand. Ihre eigene Achtung vor der Liturgie ist immer spürbar; sie wartet geduldig ab, bis die richtige Gelegenheit kommt, einen Augenblick festzuhalten. Je nach Situation steht sie mal am Rand, mal mischt sie sich unauffällig mitten unter die Gemeinde. "Beim Taizé-Abend hatte ich das Gefühl, dass Herumlaufen stören würde, also habe ich mich von Anfang an mitten rein gesetzt", erzählt sie.

Wer ist die Frau, die mit ihrer Kamera nicht nur die wichtigen Momente des Gemeinde-lebens wie Erstkommunion und Firmung festhält, sondern die über zweieinhalb Jahre die Sanierungsarbeiten fotografisch dokumentiert hat? Ihre Bilder ermöglichten es den Gemeindemitgliedern, ein wenig hinter die Kulissen der Baustellen-Absperrung zu blicken.

Silvia Bins (41) kommt aus Köln und lebt seit anderthalb Jahrzehnten mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn im Vringsveedel. Ihr Fotostudio befindet sich in der Rosenstraße 27. Die diplomierte Kommunikationsdesignerin studierte in Wuppertal; Studienschwerpunkte waren Fotografie und Film. Heute verbindet sie beides in ihrer Arbeit. Neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit lehrt sie noch an der Volkshochschule Fotografie sowie an der Folkwang-Hochschule in Essen im Bereich Film.

Für die Gemeinde fotografiert sie überwiegend ehrenamtlich, sie spendet Tatkraft. Ihre Kreativität fließt unter anderem in die Gestaltung des Pfarrbriefs; dessen Bildersprache trägt erkennbar ihre Handschrift. "Beim Foto passend zum Leitthema beweist ihr immer ein besonders gutes Auge", so brachte ein Facebook-Feedback es vor kurzem auf den Punkt.

Die Zeit der Sanierung war auch für Silvia Bins eine bewegende Zeit. "Am Anfang ist quasi stündlich etwas passiert; da hatte ich schon Angst, Mittagessen zu gehen, weil ich ja was verpassen könnte. Später wurde es etwas ruhiger, da bin ich dann eher ab und zu mal hingegangen, um zu schauen."
Als eine Art "heimlicher Beobachter" hat sie sich einfach neben die Bauarbeiter gestellt und fotografiert. "Bei Dokumentation ist nichts inszeniert, sondern man nimmt es so, wie es ist und wie es kommt." Der Unterschied: "Man lässt sich mehr drauf ein. Man kann das Bild ja nicht aktiv gestalten im Sinne von 'Nehmen Sie mal bitte die linke Hand zum Festhalten oder halten Sie Ihr Gesicht mal bitte ins Bild herein oder aus dem Bild heraus'."

Von den einzelnen beteiligten Gewerken hatte sie zuvor nur ungenaue Vorstellungen. So war die Zeit der Beobachtung für sie auch eine erkenntnisreiche Zeit. Begeistert erzählt sie etwa von den Dachdeckern. "Da geht einer nur mit einem Hämmerchen aufs Dach. Macht dreimal tock-tock-tock, und schon hat der Dachziegel eine Rundung. Und dann dreht der das Hämmerchen um und macht dreimal tick-tick-tick, und schon sind da drei Löcher drin. Das ging so schnell, da musste ich auch erstmal ganz genau hinschauen. Und da erst wurde mir klar, dass jeder einzelne Dachziegel hier Handarbeit ist."

Wichtig ist ihr die Mischung aus Details und Gesamtüberblick. Deshalb versuchte sie, auch den Kontext im Bild festzuhalten. Zum Beispiel nahm sie gezielt auch die Gerüste innen im Kirchenraum mit auf, um zu verdeutlichen, an welcher Stelle der Kirche sie sich gerade mit ihrer Kamera befindet und welche Perspektive sie einnimmt. "So ein Gerüst hat auch etwas ästhetisch Schönes, so strukturiert und durchorganisiert", sagt sie eher sinnierend.

Die Gerüste innen hinaufzuklettern war für sie gar nicht so einfach. "Mit einer Hand musste ich mich festhalten, mit der anderen die Kamera, und dann wackelt das da oben alles wie wahnsinnig …" Diese Kletterpartie brachte sie auch an eigene Grenzen. Sie war selbst überrascht, als sie bemerkte, dass sie Schwierigkeiten mit der Höhe hatte. "Das hatte ich vorher nicht einkalkuliert. Aber dann hab‘ ich mir gesagt: Du hast gesagt, Du machst die Bilder, also machst Du sie jetzt auch. Dann musst Du eben jetzt da hoch." Ihr Mut wurde belohnt; es gab vieles zu entdecken. "Von unten denkt man, das ist klein und unscheinbar – und wenn man davor steht, denkt man, boah, ist das riesig!"

Was bleibt hängen? "Das Gesamterlebnis. Viele Sachen waren auch einzeln total spannend, aber vor allem hat das große Ganze fasziniert."


Inga Rapp (2017)

 

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