Aufhören als ZuMUTung

Seelsorge und Begegnung – eine Einrichtung für Menschen mit Psychiatrieerfahrung mit dem Angebot der spirituellen Begleitung und Unterstützung bei persönlicher Sinnsuche und Lebensbewältigung verlässt nach 25 Jahren unser Veedel, unsere Kirchengemeinde. Dieses Aufhören ist eine große Herausforderung findet die Seelsorgerin Birgitta Daniels-Nieswand. Im Gespräch mit der Pfarrbriefredaktion erzählt sie, wie mit Mut und Vertrauen diese Herausforderung angenommen und das neue Wirkungsfeld gestaltet wird.

Eine Fülle von seelsorglichen und kreativen Angeboten findet sich im 48seitigen Programm für das Jahr 2024, und am Anfang des Heftes steht: MUT verleiht Flügel, MUT braucht Vertrauen, MUT – neue Wege zu denken und weitergehen. 

Diesen Mut zu fassen, dazu hat Birgitta Daniels-Nieswand eine Weile gebraucht. Zunächst war es schockierend für sie und das Team zu erfahren, dass die Räume von "Seelsorge und Begegnung" im Paulushaus in der Loreleystraße zukünftig wegen Eigenbedarf von dem im gleichen Haus angesiedelten Sozialpsychiatrischen Zentrum in Trägerschaft des Caritasverbandes genutzt werden.

"Wir wollen für Menschen mit psychischen Erkrankungen von Kirche das Beste unter einem Dach!", hatte es 1999 geheißen, als dieses Angebot als ergänzender Baustein in der Sozialpsychiatrie, als singuläre Einrichtung im Erzbistum Köln und darüber hinaus aus der Taufe gehoben wurde. Das hört nun auf und schmerzt nicht nur die erfahrene Gemeindereferentin, die seit der Gründung der Einrichtung, in der neben ihr ein Pfarrer, eine Gemeindereferentin und eine Referentin für Organisation vor Ort gemeinsam mit 20 Honorarkräften tätig sind, dabei ist und vor sieben Jahren die Leitung übernommen hat. 

Für die Fachkräfte und ganz besonders die Besucherinnen und Besucher, die oft viele Jahre lang in das Haus gekommen sind und sich nun auf neue Wege und neue Räume einstellen müssen, ist es eine große Veränderung.  "Es war ein Trauerprozess für uns alle", sagt Birgitta Daniels-Nieswand. Es gab die Gelegenheit, in den einzelnen Gruppen Trauer und Angst auszusprechen, es gab einen besonders gestalteten Gottesdienst und anschließend ein gemeinsames Abschiedsfest. "Wir haben miteinander Erinnerungen ausgetauscht und viele Erfahrungen der Vergangenheit lebendig werden lassen", erzählt sie. "Das war für alle wichtig und so konnte auch ein Blick auf das Neue stattfinden. Die Verbundenheit miteinander bleibt – davon bin ich überzeugt."

Herzstück der Einrichtung am bisherigen und neuen Ort ist die Kapelle. Der Künstler Mic Leder hat sie zu Beginn gestaltet und konnte auch jetzt für die Neugestaltung in Nippes gewonnen werden. Der Raum der Stille ist nach Daniels-Nieswands Einschätzung der Ort, an dem eine Fülle von Begegnungen und Erfahrungen verdichtet ist – Erfahrungen der Besucherinnen und Besucher ebenso wie die der Mitarbeitenden. Von daher kommt der Kapelle in den neuen Räumen wiederum eine besondere Bedeutung zu. "Es ist nicht ganz einfach, eine gute Balance zu finden zwischen Bewahren und Veränderung zum Neubeginn, den Geist des Ortes, den 'genius loci' mitzunehmen", findet die Seelsorgerin, denn das ist ihr besonders wichtig. Das ungewöhnliche Kreuz wird einen neuen Ort finden, die Marien-Ikone, die Stelen, das Fenster mit den Aussagen des 23. Psalms (Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen …), die zuvor an der Tür befindlichen Wellen werden zukünftig in die Kapelle hineinführen.

Für die Besucherinnen und Besucher hört der vertraute Weg zum Paulushaus in der Südstadt auf, der neue Weg ist für manche herausfordernd oder auch angstbesetzt. Andere freuen sich über die für sie größere Nähe des neuen Standortes in Nippes (s. Info)
"Wir hören am alten Ort auf, aber die Beziehung mit den Menschen, die zu uns kommen und die Verbundenheit derer, die hier arbeiten, die bleibt", sagt Birgitta Daniels-Nieswand, "und deshalb schauen wir zuversichtlich in die Zukunft."

Das ungewöhnliche Kreuz hat schon seinen Platz am neuen Ort. (c) SilviaBins

Das ungewöhnliche Kreuz hat schon seinen Platz am neuen Ort.

Seelsorge und Begegnung, Auguststraße 58, 50733 Köln
Straßenbahnlinien 12 und 15, Buslinie 147  Haltestelle Florastraße
Tel. 0221 / 56 03 96 45  
seelsorge-und-begegnung@netcologne.de