Aufhören – Ruhe finden

Viele Menschen sind beruflich oder/und im privaten Leben in einer Fülle von Aktivitäten und Pflichten eingespannt. Nicht selten suchen sie nach Wegen, damit aufhören zu können. Diakon (i. R.) Dr. Barthel Schröder hat darüber nachgedacht, was uns die Bibel dazu sagt.

Matthäus 11,28 lautet in der Einheitsübersetzung: "Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken." Doch dies ist eine sehr freie, zu freie Übersetzung des griechischen Urtextes, denn dort heißt es wörtlich: "Kommt her zu mir, alle sich Abmühenden und Beladenen, und ich will euch aufhören lassen." Und Ergebnis dieses Aufhörens ist: "Und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen."

Zunächst stellt sich die Frage, ob Ruhe überhaupt etwas Erstrebenswertes ist. Ludwig Börne meint hierzu: "Ruhe ist Glück – wenn sie ein Ausruhen ist."
Doch was bringt den Menschen, der an Jesus glaubt, zur Ruhe? "Nehmet mein Joch auf euch und lernt von mir", so fährt Jesus fort. Sanftmut und Demut im Herzen sind die Ziele dieses Lernens. 

Der Philosoph Otto Friedrich Bollnow hat Sanftmut folgendermaßen umschrieben: "Die Sanftmut steht im Gegensatz zur Gewaltsamkeit. … Sanft ist er (der Mensch), wenn er sich nicht vom Zorn hinreißen lässt, ohne vermeidbare Härte im Affekt, weich und behutsam. … Die Sanftmut des Verhaltens verbindet sich sodann mit der Behutsamkeit im Umgang. Diese Behutsamkeit ist eine Art von Vorsicht, die keinen Schaden an den andern Menschen … herankommen lassen will."

Demut besteht im Alten und Neuen Testament darin, die Allmacht Gottes anzuerkennen und beschreibt demnach die innere Einstellung eines Menschen Gott gegenüber. Demütig ist kurz gesagt, derjenige, der mit Gott im Reinen ist.

Der Theologe Romano Guardini unterscheidet drei Stufen der Demut im menschlichen Verhalten: "Ihre erste Stufe ist Bescheidenheit, welche sagt: Andere sind auch noch da und sind vielleicht besser als ich – wozu noch der Geschmack kommt, der es dumm findet, sich vorn hinzustellen."  "Ihre zweite Stufe ist das Stehen in der Wahrheit, über welche die eigene Person sich selbst vergisst." Die dritte Stufe ist "die Liebe, die jene heilige Bewegung mitvollzieht, in welcher der große Gott sich ins Kleine hinabgeworfen hat."

Demut schätzt also andere Menschen, will sich nicht auf Kosten anderer in den Vordergrund schieben, stellt keine übertriebenen Ansprüche an sie, sieht von eigenen Interessen und Stimmungen ab, nimmt die Bedürfnisse anderer Menschen ernst und fühlt sich in der Hand Gottes geborgen. "Demut bedeutet beharrliches Mühen im Dienst an der Menschheit. Gott ist immer im Dienst", so Mahatma Gandhi. 

Der Gegensatz zu Sanftmut ist jähzorniges, aufbrausendes, aggressives Verhalten. Hochmut, Selbstüberhebung, Stolz und Arroganz bilden den Gegensatz zur Demut. Sich von all diesen Verhaltensmustern zu lösen, damit aufzuhören bringt nach Jesus Ruhe für unsere Seelen. 

Sanftmut und Demut ersparen viele aufreibende Auseinandersetzungen, reduzieren Enttäuschungen, lassen eine Harmonie in Gelassenheit entstehen. Gott ernst zu nehmen, sich in seine Hände zu begeben trägt bei Schicksalsschlägen.

Im hebräischen Wort für Demut klingt das Wort "sich niederbeugen", "den Nacken senken" mit an. Darum erwähnt Jesus das Joch: "Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht."  

lie-4294392 (c) Willfried Wende – Pixabay