Einfach mal nähen …

Eine ungewöhnliche Aktion der Flüchtlingshilfegruppe St. Severin für das Flüchtlingswohnheim Ankerstraße stellt Monika D. vor, die der Gruppe seit vielen Jahren angehört.

Weil der Kreis gut vernetzt ist, erreichte uns die Anfrage von Iris Bienert, Leiterin des Wohnheims in der Ankerstraße (Nebenstraße der Ulrichgasse). 
"Flüchtlingswohnheime erkennt man oft daran, dass es keine Gardinen gibt", sagt sie und bittet um unsere Hilfe. Fehlende Gardinen werden nach Erfahrung der Sozialpädagogin oft durch Betttücher, Mülltüten oder Zeitungen ersetzt, um sich so vor Blicken von außen sowie vor Sonne und Helligkeit zu schützen. Aktuell wurden die Zimmer der 74 Bewohner saniert, aber für Gardinen war kein Geld vorgesehen – Altbestände gab es nicht.

Frau Bienert konnte gebrauchte, aber brauchbare Gardinen aus anderen inzwischen geschlossenen Einrichtungen ergattern – mit falscher Aufhängung und viel zu lang. Dafür waren es aber 85 Stück in nur drei verschiedenen Farben! "Ob die Flüchtlingshilfe St. Severin wohl helfen kann, dass es Gardinen für alle Zimmer gibt?", war ihre vorsichtige Frage.

Eigentlich sind wir alle mehr mit Verwaltungsakten und den jeweils anstehenden Hilfen für die von uns begleiteten geflüchteten Menschen beschäftigt. Aber hier wollten wir ganz konkret und niederschwellig helfen. Ein schönes gemeinsames Projekt für uns!

Wir haben in unserem Kreis und auch darüber hinaus gefragt, wer eine Nähmaschine hat, Zubehör besorgen kann, den Transport der Gardinen übernehmen würde, ein Bügelbrett mitbringt usw.
Eine bunt gewürfelte Truppe aus 10 Frauen und Männern kam an einem Samstag im Mai im Pfarrsaal an St. Maternus zusammen. Bei bestem Wetter haben wir in sechs Stunden Arbeit 54 Gardinen einsetzbar gemacht – an einem weiteren Samstag die restlichen 31!

Zusätzlich tat sich noch ein weiterer Fundus an gebrauchten Gardinen auf. Wir hoffen, auch diese überarbeiten zu können, damit jedes Zimmer des Hauses mit Gardinen ausgestattet ist! 
Einen Nachmittag der Begegnung fand Ende Mai auf dem Hof der Unterkunft in der Ankerstraße statt. Neben gutem Kaffee, leckerem Kuchen und informativen Gesprächen gab es die gern genutzte Möglichkeit zu einer Führung durch das noch nicht belegte Wohnheim. Neben vielen Informationen zu Wohnheim und Fluchthintergründen konnten wir auch ein Zimmer anschauen. 
12 qm Deutschland ohne Komfort, aber mit der Chance, hier anzukommen.  

Unsere Aktion hat die Welt nicht verändert, aber für einige Menschen ein kleines bisschen wohnlicher gestaltet – weil wir es EINFACH GEMACHT haben.    

Flüchtlingshilfe:

Die Mitglieder der Gruppe begleiten zum Teil über lange Zeiträume Menschen mit Fluchtgeschichte. Die Art der Begleitung ist vielfältig: schulische Nachhilfe für Kinder und Jugendliche, Erweiterung der Sprachkompetenz, Unterstützung bei Ausbildung und beruflicher Tätigkeit, Begleitung bei Behördengängen, Hilfen bei Anträgen …

Der Kreis trifft sich einmal im Monat im Pfarrsaal an St. Maternus. Bei diesen Treffen erzählt jede und jeder, was sie oder ihn gerade beim Engagement für Menschen mit Fluchtbiografie bewegt. Aktuelle Informationen, Sorgen und Herausforderungen (besonders die behördlichen) werden geteilt – aber auch die Freude darüber, wenn eine Prüfung geschafft ist, ein Ausbildungsplatz gefunden, die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden konnte oder sogar die Einbürgerung endlich gelungen ist. Einzelne Mitglieder des Kreises sind zugleich in stadtweiten Gremien und Aktionskreisen engagiert, bei denen es um Flüchtlingshilfefragen geht.

Die Treffen finden an jedem zweiten Mittwoch im Monat um 19 Uhr im Pfarrheim an St. Maternus, Alteburger Straße 74 statt. Der Kreis freut sich über Interessierte.

Flüchtlingswohnheim Ankerstrasse:

Das Flüchtlingswohnheim in der Ankerstrasse wurde bis November 2024 von 74 Männern aus 24 Nationen bewohnt. Aufgrund einer überfälligen Sanierung der einzelnen Zimmer mussten alle Bewohner ausziehen. Gelder für Gardinen und ein Anstrich der Flure und Türen waren wie so vieles aus Kostengründen (angespannte städtische Haushaltslage) nicht im Sanierungsplan enthalten.

Die Neubelegung soll ab Juli erfolgen.