100 Tage am neuen Arbeitsplatz

Seit drei Monaten arbeitet Johanna W. als Sozialarbeiterin im Sozialpsychiatrischen Dienst (SpDi) der Stadt Köln. Hier beschreibt sie ihre Erfahrungen mit der neuen und anspruchsvollen Aufgabe.

Mein Wechsel zu diesem aktuellen Arbeitsplatz erfolgte nicht freiwillig. Der alte Vertrag beim SKF (Sozialdienst Katholischer Frauen) war auf zwei Jahre befristet. Zuletzt war ich dort in einem Projekt "Strickleiter2" auf einer Krankheitsvertretungsstelle. Hier ging es um die psychosoziale Begleitung von erwerbslosen Frauen, die aus gesundheitlichen, familiären oder sozialen Gründen Schwierigkeiten bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt haben. Die erkrankte Kollegin kam dann im Sommer zurück und es konnte für mich intern keine passende Stelle gefunden werden. Damit war die Phase der Unsicherheit und der Frage, ob und wie es dort weitergehen könnte, vorbei. Ich musste ab Oktober letzten Jahres eine neue Stelle finden. Glücklicherweise fand ich rasch eine neue Aufgabe beim Sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt Köln.

Das war von Anfang an ein spannendes Aufgabenfeld. Neu und interessant ist, dass ich in meiner Beratungstätigkeit und den Hausbesuchen bei Klient*innen mit einem multiprofessionellen Team aus einer Verwaltungskraft, einer Ärztin und zwei weiteren Sozialarbeiterinnen zusammenarbeite. Eine langfristige, engmaschige und persönliche Betreuung und Beziehungsarbeit, wie ich sie mit den Frauen beim SKF aufbauen konnte, ist hier aber leider nicht mehr möglich. Ich war mir am Anfang nicht sicher, ob mir diese neue Form der "Kurzberatung" überhaupt gefallen würde. Außerdem war ich unsicher, wie gut ich mit an Schizophrenie erkrankten Menschen umgehen kann. Der Kontakt zu Menschen mit Erkrankungen aus diesem Formenkreis ist nicht immer einfach. Die Schizophrenie ist die prozentual häufigste Erkrankung, mit der der SpDi zu tun hat. 

Die erste Zeit der Einarbeitung war schwierig, da die für mich zuständige Kollegin zuerst im Urlaub und dann länger krank war. Dadurch habe ich recht lange gebraucht, um in die neue Aufgabe hineinzufinden und die Arbeitsabläufe und Prozesse im Arbeitsalltag zu verstehen. Aber gleichzeitig habe ich die Erfahrung gemacht, dass das "ins Wasser geworfen werden" mir sehr geholfen hat, nach kurzer Zeit selbständig und verantwortungsvoll arbeiten zu können. Inzwischen fühle ich mich recht wohl mit meiner neuen Verantwortung und habe das Gefühl, ich bekomme meine Aufgaben gut bewältigt – ich bin tatsächlich angekommen.

Schön ist, dass jeder Tag anders ist. Es gibt Tage, da steht das Telefon nicht still und wir bekommen viele Meldungen von Nachbar*innen, von der Polizei, den Ämtern oder Familienangehörigen, und manchmal ist eher wenig los. 

Meine Rolle im Team ist inzwischen auch klarer geworden und gefestigt, wobei ich immer noch auf der Suche bin, was meine Haltung und Position ist. Meine Kolleg*innen nehmen mich als Ruhepol im Team wahr und schätzen meinen empathischen Blick auf unsere Klient*innen.

Johanna (c) SilviaBins