"Ich arbeite mit einem Lachen im Gesicht", sagt Ahmed. Ingrid Rasch sitzt mit ihm in einem Pavillon im Garten des Clara-Elisenstiftes. In der evangelischen Senioreneinrichtung am Kartäuserwall leben 83 Bewohnerinnen und Bewohner. Ahmed – Pflegefachkraft in Ausbildung – ist bereit, von seinen nicht immer einfachen Erfahrungen mit Neuanfängen zu erzählen.
Mehr als 100 Tage vorbei sind Ahmeds mehrfache Neuanfänge. Der letzte Neuanfang als Pfegefachkraft in Ausbildung ist noch nicht lange her – seit November 2024. In den vier Monaten zuvor hat der 23-jährige als Pflegehelfer gearbeitet.
Vor fünf Jahren hat er seine Heimat Marokko verlassen. In Ouled Ayad – einem kleinen Dorf – hat er gelebt, gemeinsam mit der Familie. Mehr als zehn Personen leben da gemeinsam, bemerkt er lächelnd. Und traurig fügt er hinzu, dass er seine Familie nun seit fünf Jahren nicht mehr gesehen hat. Sein Studium begonnen hat er in Marokko in der Stadt Beni Melal.
Weil er keine berufliche Perspektive für sich in der Heimat sah, ging er in die Ukraine, ein einfacher Weg mit einem Visum. "Der Anfang dort war nicht einfach", stellt er fest, ähnlich schwierig wie später der Nerustart in Deutschland. In der Ukraine hat er ein Studium der Pharmazie begonnen und insgesamt sechs Semster studiert. Er hat sowohl russisch als auch ukrainisch gelernt. Mitgebracht hat er bereits französische und englische Sprachkenntnisse. All das erfahre ich gewissermaßen im Nebenbei, so als sei es selbstverständlich, in so vielen Sprachen zu Hause zu sein.
Mit Ausbruch des Krieges ist er dann aus der Ukraine nach Deutschland gekommen – ein schwieriger Neuanfang. "In Deutschland ist alles wunderbar" – diese Botschaft hat er in seiner Heimat immer wieder gehört und kam mit entsprechenden Erwartungen. Er musste erfahren, dass er nach seinem Weggang aus der Ukraine als sog. Drittstaatenangehöriger nicht die weitgehenden Rechte und Chancen hat, die den Geflüchteten aus der Ukraine ermöglicht wurden und werden.
Unterkunft fand er zunächst in einem Hotel. "Ich habe von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr gelernt, damit ich genug Deutsch spreche und einen Arbeitsplatz finde, damit ich in Deutschland bleiben kann." Die Püfung zu Sprachkompetenz B1 hat er ohne Sprachkurs geschafft. Alle behördlichen Wege, und das waren und sind viele, macht er allein. Darauf ist er stolz. Aber er findet, "die Stadt ist kompliziert", es gebe so viele Papiere. Und er beschreibt die vielen Verspätungen, mit denen er nach seinen Worten zu kämpfen hat, auf dem Weg zur Schule oder zur Arbeit.
Seine intensive Wohnungssuche blieb bisher erfolglos – nur vorsichtig deutet er an, dass es mit seiner Herkunft zu tun haben könnte. Nun wohnt er in Köln-Mülheim in einer Flüchtlingsunterkunft gemeinsam mit 50 Personen. Es sei ziemlich schmutzig überall, besonders in der Küche, die von Vielen gemeinsam genutzt wird, aber es gibt für ihn aktuell keine Alternative.
Die Frage, ob er Freundschaften hier hat schließen können, verneint er lächelnd – neben seiner Arbeit setzt er sein Studium in der Ukraine online fort und arbeitet intensiv für seine Prüfungen.
Seinen Arbeitsplatz im Clara-Elisenstift beschreibt er uneingeschränkt positiv. "Wir sind wie eine Familie, alle helfen, alle geben mir Unterstützung. Ich kann entspannt arbeiten, alle freuen sich, dass ich da bin." Und an dieser Stelle unseres Gespräches fällt auch der Satz "Ich arbeite mit einem Lachen im Gesicht!" Im Kontakt zu den Bewohnerinnen und Bewohnern denkt er an seine Eltern und spricht so mit ihnen.
Die Ausbildung zur Pflegefachkraft dauert drei Jahre, eingesetzt wird er dabei in sehr unterschiedlichen Arbeitsfeldern. Wie es dann weitergeht? "Das ist noch weit weg", meint er. Und mit Lachen in seinem und meinem Gesicht verabschieden wir uns.