Von Neuanfängen und Aufbrüchen in der Bibel erzählt Polizeipfarrer Dr. Dominik Schultheis, Subsidiar an St. Severin.
Egal ob Neuanfänge frei gewählt oder auferlegt, Aufbrüche klein oder groß sind: Häufig stellen sie eine Zäsur dar und fordern einiges an Kraft, Mut und Ausdauer.
Unser christlicher Glaube ist geprägt von der Überzeugung, dass Neuanfänge immer möglich sind, manchmal sogar nötig. Und dass Gott selbst ein Meister des Aufbruchs und der Neuanfänge ist. Schon mit der Erschaffung der Welt erweist er sich als ein Gott, der aus dem völligen Chaos Ordnung und damit Neues schafft. Nach der Sintflut ermöglicht er Noah und seiner Familie einen Neuanfang. Und dem Volk Israel verhilft er nach der Sklaverei zu einem Aufbruch in die Freiheit.
Insgesamt ist die Bibel ein reicher Schatz an Geschichten, die von Neuanfängen und Aufbrüchen berichten und damit von Herausforderungen, Zumutungen, Hoffnungen und Ängsten unterschiedlichster Menschen.
In vielen dieser Geschichten resultiert ein Neuanfang aus der Umkehr zu Gott, der, so die Überzeugung der Bibel, immer möglich ist, weil Gott barmherzig und unendlich geduldig ist. König David darf als prominenter Vertreter des Alten Testaments einen Neuanfang wagen, obwohl er mit Bathseba eine schwere Sünde begangen hat. Im Neuen Testament bekommt die Ehebrecherin von Jesus einen Neustart gewährt. Und obwohl Petrus Jesus dreimal verleugnet hat, wird er von diesem zum Fundament seiner Kirche erwählt.
In Ninive ist es eine ganze Stadt, die in den Genuss eines Neuanfangs kommt: Eben noch prophezeite ihr Jona den Untergang, jetzt reut es Gott und er drückt die Reset-Taste. Auch das Volk Israel bekommt von Gott ständig neue Chancen eingeräumt, obschon es den von Gott gestifteten Bund immer wieder bricht. Und weil Adonei an diesem seinen Bund mit uns Menschen so sehr hängt, erhebt er ihn zur Herzensangelegenheit.
In Jesu Menschwerdung geht Gottes Herzensangelegenheit sprichwörtlich in Fleisch und Blut über. In Jesu Worten und Taten blitzt Gottes Verlangen auf, uns Menschen ohne Gesichtsverlust je neu von vorne anfangen zu lassen. Anschaulich wird dies etwa im Gleichnis vom verlorenen Sohn, in welchem die offenen Arme des Vaters den unbedingten Versöhnungswillen Gottes symbolisieren: dessen nie endende Bereitschaft, uns einen Neuanfang zu gewähren.
Schließlich ist es Jesu nicht abreißendes Gottvertrauen im eigenen Sterben am Kreuz, das uns Menschen eine neue Qualität in der Beziehung zu Gott einbringt: Gottes tröstende Nähe in unserem eigenen Tod und seine bleibende Liebe über den Tod hinaus. Eine Liebe, die im letzten Buch der Bibel verspricht: "Seht, ich mache alles neu!" Gottes Zusage, dass auch uns einmal alle Tränen von unseren Augen abgewischt werden, dann, wenn der Tod nicht mehr ist, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Dann, wenn das, was früher war, in einen ewigen Neuanfang mündet.