Begegnung an heiligen Orten

Was macht Orte zu heiligen Orten, und was macht Begegnungen dort zu besonderen Erfahrungen? Marianne Ricking erlebt viele Begegnungen als Verantwortliche für die Organisation des "Besucherservice" (Kirchenempfang in der Severinskirche) – Manchmal ist auch dort ein heiliger Ort.

Es sind die Begegnungen mit Menschen, alltägliche, manchmal zufällige, die unser Leben reicher machen.

Vielleicht ist Ihnen der Podcast der ZEIT "Unter Pfarrerstöchtern" bekannt. Er hat mich inspiriert, über Begegnung an besonderen Orten nachzudenken. Im Podcast sprechen Sabine Rückert, stellvertretende Chefredakteurin der ZEIT und ihre Schwester Johanna Haberer, Professorin für Liturgie und Exegetik über Begegnung und zwar Begegnungen an heiligen Orten.

Aber was sind heilige Orte? Sicher gibt es eine Innen- und eine Außensicht. Im alttestamentlichen Text vom brennenden Dornbusch geht es ganz offensichtlich um einen heiligen Ort: "Zieh deine Schuhe aus, denn wo du stehst, ist heiliger Boden!"

Alle Religionen auf allen Kontinenten kennen heilige Orte: Berge, Tempel, Kirchen, Brunnen. Und es gibt Verweise auf Begegnungen, so zum Beispiel die Begegnung Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen. Wir fahren – so sagen wir – ins Heilige Land, wenn wir eine Reise nach Israel unternehmen, aber damit meinen wir etwas von der Geschichte dieses Landes, die mit dem Leben und Wirken Jesu zu tun hat, und noch keine persönliche Erfahrung, die uns ganz direkt und zutiefst persönlich betrifft.

Für den einen ist die Kirche, um im Konkreten zu bleiben hier die Severinskirche, der heilige Ort; für den einen oder die andere ist es der Berg, das Kloster, ein Treffen, eine Begegnung während eines Urlaubes oder auch das eigene Zuhause. All das kann zu heiligen Orten werden, weil sie uns die Erfahrung von Begegnung ermöglichen.

So wie die Samariterin am Jakobsbrunnen, die sich auf die Begegnung mit Jesus einlässt, so wie Maria und Martha in der Begegnung mit Jesus, als sie um ihren toten Bruder und Freund trauern. So wie die Begegnung auf dem Berge Tabor, als die Jünger voller Freude ausrufen: "Hier lasst uns drei Hütten bauen, hier lasst uns bleiben." Sie erfahren, hier wird uns etwas geschenkt, was uns ganz Mensch sein lässt.

Begegnung hat also etwas ganz Wesentliches zu tun mit unserem Alltag. Begegnung bringt zum Ausdruck, was momentan bewegt, was mich ganz persönlich gerade jetzt bewegt. Begegnung braucht den Anderen, der mir diesen Ort ermöglicht und diese Erfahrung. 

Wenn ich vorhin sagte, dass auch das eigene Zuhause ein heiliger Ort sein kann, dann heißt das doch, ich ermögliche den Menschen Begegnung, sich in meiner Nähe zu beheimaten.

Sicher haben Sie doch auch schon die Erfahrung gemacht: Man hat sich 10 Jahre und länger nicht mehr gesehen, und plötzlich steht der alte Schulfreund oder die Schulfreundin oder der Arbeitskollege oder die Arbeitskollegin wieder vor Ihnen und man schließt da an, wo man vielleicht vor Jahren aufgehört hat.

Begegnung, Beziehung, Beheimatung – das sind Begriffe, die wir wieder neu lernen müssen zu füllen. Da wo die Institution Kirche so viele Menschen allein gelassen hat und allein lässt, müssen wir diesen Ort Kirche wieder neu öffnen und Begegnung, Beziehung und Beheimatung ermöglichen ... das könnte hier in unserer Kirche und Gemeinde St. Severin sein.

Kirchenraum (fotografischer Rundblick) – offen für Begegnungen (c) SilviaBins

Kirchenraum (fotografischer Rundblick) – offen für Begegnungen