Ankerplatz Vorgebirgstraße 22

Das Haus in der Vorgebirgstraße am Volksgarten kennen viele Menschen aus unserer Gemeinde und im Veedel. Bis 2016 lebten da geflüchtete Menschen – meist große Familien, und St. Severin engagierte sich auf vielfältige Weise: Sehr sichtbar u.a. mit spendenfinanziertem Kauf und Einrichtung eines Bauwagens als Kinderspiel"platz". Der bunte Bauwagen wanderte in eine rechtsrheinische Flüchtlingsunterkunft, weil das Haus saniert werden musste. 
Und jetzt – wer wohnt da? Die Pfarrbriefredaktion wollte es genauer wissen und sprach mit Jane van Well, Sachgebietsleiterin für niedrigschwellige Hilfen beim SKM (Sozialdienst Katholischer Männer).

Nach der Sanierung übernahm der SKM die Trägerschaft des Hauses – es diente zunächst (2018) als Notschlafplatz für Menschen aus osteuropäischen EU-Staaten. Ausschließlich Menschen aus diesen Ländern leben auch heute im Haus, das nun 24 Stunden geöffnet hat und ein tägliches Mittagessen zur Verfügung stellt. 90 Plätze gibt es, aber das Haus ist meist überbelegt, es leben dort mehr Männer (90 Prozent) als Frauen, meist mittleren oder höheren Alters. Als EU-Bürgerinnen und -Bürger können sie problemlos einreisen und können und wollen hier arbeiten. In ihren Heimatländern leben sie nicht selten in großer Armut. Hier in Deutschland haben sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Sie suchen Arbeit, aber nicht alle finden Arbeit, und wenn es einen Arbeitsplatz gibt, dann sind die Bedingungen meist prekär und unsicher. Dennoch, so Jane van Well, ist für sie die Situation hier offenbar – trotz der Perspektivlosigkeit – immer noch besser als im Heimatland.

Nicht wenige Bewohnerinnen und Bewohner sind schon einige Jahre da, wenige kehren in ihr Heimatland zurück. Die sprachliche Verständigung ist nicht einfach – im Haus gibt es an vielen Stellen Piktogramme, mit denen wichtige Informationen und Regeln des Zusammenlebens im Hause verdeutlicht werden, natürlich wird auch übersetzt – polnisch, rumänisch, bulgarisch, russisch. 

Van Well weiß, dass es immer wieder Beschwerden aus der Nachbarschaft gibt; es gibt Einsätze des Ordnungsamtes oder der Polizei. Das regelmäßige Angebot einer Anwohnersprechstunde hilft ein wenig. "Ich wünsche mir, dass der Blick sich lenkt auf die 95 Prozent derer, die ruhig und unauffällig im Haus leben und nicht ausschließlich auf die kleine Zahl derer, die psychisch erkrankt und/oder alkoholabhängig sind." Und sie erzählt von einem Beschäftigungsprojekt, bei dem die Bewohner den Volksgarten und auch Teile des Vorgebirgparks gründlich gereinigt haben. "Sie wollten den Anwohnern etwas zurückgeben."

Es fehlt an tagesstrukturierenden Angeboten, an Beschäftigung, die den Menschen ein Gefühl der Selbstwirksamkeit gibt. Dazu braucht es Anleitung. Und dafür braucht es Fachpersonal, das wegen der knappen Kassen der Stadt und der freien Träger nicht finanziert wird.

Das Foto zeigt Bewohner der Vorgebirgstraße; eine Gruppe von 15 Personen – begleitet von einem Sozialarbeiter – beim Reinigen der nahen Umgebung. Van Well: 'Die Arbeit und Beschäftigung hat den Menschen sehr gut getan, viele konnten ihren Alkoholkonsum dadurch enorm runterfahren. Eine der Personen konnte sogar als Hauswirtschaftshilfe angestellt werden.' (c) privat