UnSichere Wallfahrtsreise

Stefan Burtscher – Obdachlosenseelsorger und zugleich Pastoralreferent in St. Severin – ging mit einer Gruppe von Gästen aus "Gubbio" (Kirche für Menschen auf dem Weg – Obdachlosenseelsorge im Stadtdekanat Köln) auf Wallfahrt nach Israel – eine Reise zwischen Sicherheit und Unsicherheit.

Ganz ehrlich: Als ich zum ersten Mal davon hörte, dass die Wallfahrt des Diözesancaritasverbandes mit wohnungslosen und bedürftigen Menschen in diesem Jahr nach Israel gehen sollte und dass Gäste aus Gubbio mitfahren konnten, war ich ziemlich sprachlos. Sofort schwirrten mir zahllose Fragen durch den Kopf: Wie kann das alles organisiert werden? Wie gelingt es, dass alle Teilnehmenden einen gültigen Reisepass haben? Wie wird sich die Gruppendynamik entwickeln bei 47 Personen aus verschiedenen Institutionen? Werden vor Ort alle mitmachen können oder wollen?

Das Programm war von einem Organisationsteam gut ausgearbeitet und klärte viele denkbare und undenkbare Fragen. Dennoch hatte ich den Eindruck mehr nicht zu wissen, als zu wissen. Bis zuletzt war ich mir unsicher, ob alles klappen wird.

Wanderung durch einsames Gelände am toten Meer (c) privat

Wanderung durch einsames Gelände am toten Meer

Nach der Ankunft in Jerusalem wuchs das Gefühl der Sicherheit und zugleich der Glückseligkeit jedoch beinahe von Minute zu Minute. Die Tage vor Ort waren dicht gefüllt. Umrahmt von Morgen- und Abendgebet erkundeten wir drei Tage lang Jerusalem und die Umgebung. In Bethlehem gedachten wir der Menschwerdung Gottes und fragten uns, was diese mit jedem von uns zu tun hat.  Auf der Via Dolorosa spürten wir dem Kreuzweg Jesu nach und stellten uns der Frage, was es bedeutet, dass Jesus für uns gestorben ist. Auf einer Fahrt zum Toten Meer konnte die Wüste als mystischer Ort erfahren werden. Ein Besuch der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem führte uns vor Augen,  zu welch unglaublichen Grausamkeiten Menschen fähig sind. 

Nach den intensiven Tagen in und um Jerusalem bezogen wir Quartier im Ferienresort eines Kibbuz am See Genezareth. Rund um den See besuchten wir verschiedene Stationen aus dem Leben Jesu. In Kafarnaum besichtigten wir das Haus des Petrus und erfuhren einiges über das Leben der Menschen zur Zeit Jesu. In Tabgha, dem Ort an dem der wundersamen Brotvermehrung gedacht wird, feierten wir direkt am See gemeinsam Heilige Messe, als deren Höhepunkt sich die eindrucksvolle und berührende Firmung eines Teilnehmers der Reise ereignete. Eine Bootsfahrt über den See, eine Wanderung auf den Berg der Seligpreisungen und ein Ausflug in einen Naturpark auf den Golanhöhen rundeten den Aufenthalt ab. 

Die Fragen und Sorgen, die mir vor unserer Abreise die ein oder andere schlaflose Nacht bescherten, stellten sich schnell als unbegründet heraus. Es war faszinierend und berührend zugleich beobachten zu können, wie schnell aus so vielen sehr verschiedenen Menschen mit je eigener und sehr unterschiedlicher Biographie eine Gruppe entstand, die rücksichtsvoll und achtsam agierte und im wahrsten Sinne des Wortes das Leben zumindest für einige Tage miteinander teilte. 

Diese Wallfahrt war nicht nur ein Bereisen von Orten, an denen Jesus gelebt hat, sondern auch eine Spurensuche nach Zeichen der Gegenwart Gottes, seines Wirkens seiner Liebe im je eigenen Leben. Es war eine Reise, die Hoffnung und Mut für so manchen Menschen schenkte, der/die schon lange nicht mehr wusste, wie sich Hoffnung und Mut anfühlen.

In der Jerusalemer Altstadt (c) privat